Ihmsen Auswanderung in die USA


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Seit mehr als 15 Jahren habe ich den amerikanischen Zweig der Ihmsen Familie recherchiert und war anfangs niemals sicher, ob sie wirklich zu meinen deutschen Ihmsens gehörten. Meine Familienlinie hatte keine Erinnerung mehr an irgendeine Auswanderung in die USA.

Während der Recherche meiner Glasmacher im Paderborner Raum seit Ende der 1990er Jahre war schon lange der Verdacht aufgekommen, daß Christian Ihmsen zusammen mit seiner Familie, sowie sein Partner Friedrich Goebeler mit Familie heimlich Westfalen gegen Ende 1780 verlassen hatte, nachdem ihre Glashütte im Bodenthal bei Schwaney in Zahlungsschwierigkeiten gekommen war. Der Grund für diese Überlegung lag darin, daß sich seit etwa Mitte 1780 keine Spur dieser Familien mehr in Westfalen finden ließ.

Der erste Fund, der mich auf die Spur eines möglichen Ihmsen in den USA brachte, war die Volkszählung (Census) von 1790 in Maryland. Dort war ein “H. Wm. Impson” aufgeführt.

Wer konnte das sein? War er ein englischer Glasmacher, oder könnte er ein Ihmsen sein, dessen Name nur falsch geschrieben war? Weitere Funde auf derselben Seite nährten das Gefühl, daß dieser Impson tatsächlich ein Ihmsen sein könnte, da dort zwei weitere bekannte Namen aufgeführt waren, die auch mit der Glashütte in der Nähe von Schwaney in Westfalen verbunden waren:

- Adam Cocklenberg (Kohlenberg). Er hatte Anna Angela Wilhelmina Goebeler geheiratet, eine Tochter des Friedrich Goebeler geheiratet, sowie
- H. Wm. Gabler (Goebeler), Heinrich Wilhelm, ein Sohn von Friedrich Goebeler.


Weiter wurden auf derselben Seite Namen anderer bekannter Glasmacherfamilien aufgeführt: Becker and Seitz. Jetzt war ich zumindest sicher, daß ich auf Censusseiten gestoßen war, auf denen deutsche Glasmacher aufgeführt waren, doch für welche Glashütte arbeiteten sie.

Durch Internetrecherchen und Mailinglisten bekam ich schließlich Kontakt zu Sandy Palmer, einer Nachfahrin von Friedrich Goebeler, heute amerikanisiert Gabler, und einen Abkömmling der Kohlenberg Familie – Bob Fout aus Fredrick, MD. Sie klärten mich über die “New Bremen Glass Manufactory“, die Glasfabrik des Friedrich Amelung auf und versorgten mich mit entsprechenden Informationen.

Mit ihrer immensen Hilfe, besonders durch Sandy, konnten wir die alten Kirchenbücher von Frederick in Maryland finden. Dort fanden wir Einträge für Hochzeiten vieler der Goebeler / Gabler Kinder, sowie zwei Ihmsen Hochzeiten (eine davon ist bislang noch ungeklärt). (Siehe am Ende der Seite) Es fanden sich auch Einträge zu verschiedenen Taufen und Hochzeiten, bei denen der Ihmsen Name als Zeuge oder Pate erschien. Der Ihmsen Name war jedoch oftmals anglizisiert und falsch geschrieben, so daß wir manchmal nicht sicher waren, ob es sich tatsächlich um diesen Namen handelte, oder einen anderen. Dennoch stärkten alle diese Einträge zusammen den Verdacht, daß es tatsächlich Ihmsen Glasmacher auf amerikanischem Boden gab.

Bis zu diesem Tag konnten leider keine Schiffslisten mit ihrer Ankunft in Amerika gefunden werden, auch keine weiteren Akten, Dokumente oder Zeitungsartikel in Maryland, die bewiesen, daß sie dort gewesen sind.

Gegen Ende der 1790er Jahre, nachdem Amelung mit seiner Glasfabrik Neu Bremen Bankrott erklären mußte, zogen die Ihmsens und wenigstens die alten Gablers nach Baltimore. In Kirchenbüchern dort fanden wir einen Charles Emsen (Ihmsen), der Anfang 1800 einen Sohn taufen ließ, sowie den Sterbeeintrag für Fritz (Friedrich) Gabler.

Nach (amerikanischer) Familienüberlieferung eröffnete Charles (Karl) Ihmsen die erste Glashütte Baltimores am Fuße des Federal Hill. Hierüber konnte (bislang) keine gesicherte Information gefunden werden, und sowieso sind Informationen über diese Amelung Fabrik (Baltimore Glass Works) minimal. Sehr wahrscheinlich war es Amelung Jr. (Magnus), der diese Fabrik Anfang 1800 gründete, und Charles war entweder ein (stiller) Partner, oder arbeitete für ihn.

Diese “family lore” ist enthalten in einer Zusammenfassung über die Ihmsen Familie, die von einer Mrs. Phillips Anfang der 1900er Jahre erstellt wurde und sich jetzt im Besitz der Western Pennsylvania Historical Society befindet. Sie enthält etliche Fehler, besonders über Charles Ehefrau Phillipina Katharina. Hier ist sie angeblich eine illegitime Tochter von Napoleons Marshall Michel Ney, was jedoch schon von der entsprechenden Zeitspanne her nicht möglich ist. Dieses Dokument stellt auch fest, daß die Ihmsens seit 200 Jahren Glasmacher waren, aus Westfalen vom “Ihmsen Hof” in einem Ort namens Steinbach kamen. Diese Überlieferung, wie falsch auch immer, festigte in mir die Überzeugung, daß die beiden Ihmsen Familien zusammen gehörten, obwohl die Faktenlage sehr dünn war.

Die Glashütte in der Nähe von Schwaney lag im Bodenthal neben einem kleinen Bach, der eventuell Steinbach genannt wurde und unter den Glasmachern mag ihr Anwesen als „Ihmsens Hof“ bekannt gewesen sein. Diese Namen sind jedoch in offiziellen Dokumenten nie aufgetaucht.

Es ist unbekannt, ob die Ihmsens über 200 Jahre Glasmacher waren, möglich ist es. Ursprünglich kamen sie aus dem protestantischen Hessen, wie die meisten der bekannten Glasmacherfamilien in Deutschland (wie Becker, Gundlach, Seidensticker, usw.) und zogen um 1727 in das katholische Bistum Paderborn in Westfalen. Wo sie in Hessen gelebt haben ist unbekannt.

Um 1810 ging Charles Ihmsen nach Pittsburgh, wo er zuerst für die Glahütte von James O’Hara arbeitete. Danach wurde er Teilhaber in einem Glaswerk unter dem Namen Encel, Wendt and Co. Er lebte in South Birmingham, einem Teil von Pittsburgh. Charles erscheint im Census von 1810 und 1820. Warum er nicht im 1800 Census (weder MD noch PA) gefunden werden kann, wissen wir nicht.

Bislang ist unbekannt, wann und wo Christian Ihmsen und seine Frau gestorben sind, und wo beerdigt, ebenso, was aus den meisten ihrer Kinder wurde.

Eine Frage, die uns lange beschäftigte war, warum nicht Christian Ihmsen und Friedrich Goebeler / Gabler im 1790 Census als Familienoberhäupter erscheinen. Lange Recherchen machten schließlich die Antwort einfach. Wie sich an vielen anderen Beispielen zeigt, wurde von der Person, die zur Befragung in das Haus kam vielfach nicht der Name des Familienoberhauptes eingetragen, sondern der der Person, die er tatsächlich befragte. Da die Rechtschreibung, besonders von Namen noch längst nicht vereinheitlicht war, wurden viele Namen einfach nach Gehör niedergeschrieben, was die Menge der „falsch“ geschriebenen Namen in amerikanischen Volkszählungslisten erklärt. Dazu kam, besonders wenn der Schreiber Engländer war, daß viele deutsche Namen für ihn unbekannt waren und er sie dann, angelehnt an ähnliche Varianten im englischen, niederschrieb.

Wer waren dann H. Wm. Impson und H. Wm. Gabler?

Zur Zeit der Befragung waren die Familienoberhäupter sicher bei der Arbeit auf der Glashütte, so daß es sich hier um Söhne handeln muß, die entweder nicht arbeiteten, oder aus anderen Gründen im Haus waren.

- H. Wm. Impson dürfte demzufolge ein Sohn von Johann Christian gewesen sein, und hier kommt nur Henrich Elias Wilhelm IHMSEN geb. 24. Okt 1777 in Frage.
- Wm. Gabler ist demnach ein Sohn von Friedrich Wilhelm Goebeler, und zwar Henrich Wilhelm GOEBELER geb. 5. Okt 1775 sein.

Charles IHMSEN, der nach Pittsburgh ging und dort zum Mitbegründer der dortigen Glasindustrie wurde, muß Friedrich Ernest Carl IHMSEN geb. 10. Dez 1770, der älteste Sohn Johann Christians gewesen sein. Als ältester Sohn hat er sich, nach Familientradition, Carl, oder amerikanisiert Charles genannt.

Trotzdem war alles bislang gesagte lange Zeit reine Spekulation, basierend auf nur 2 Vermutungen, daß die Vorfahren der amerikanischen Ihmsen aus Westfalen kamen und lange Zeit schon Glasmacher waren.

Ein dritter Punkt war die Schreibweise des Namens. Spätestens ab 1830 schreiben die Ihmsens in Pittsburgh ihren Namen einheitlich, wie die deutschen Ihmsen, mit "h". In Deutschland gibt es nur eine Familie die ihren Namen mit "h" schreibt. Es gibt noch den Namen Imsen, doch konnten zumindest zurück bis 1700 keine verwandschftlichen Beziehungen zu dieser Familie nachgewiesen werden, die nichts mit der Glasmacherei zu tun hatte und die auch nicht im Paderborner Raum nachgewiesen werden konnte. Auch bestehen keine Verwandtschaften zur adligen Familie von Imbsen (von Immesen) im Paderborner Bistum, die jetzt in der männlichen Linie erloschen ist.

Dann endlich, im Frühjahr 2011, konnte der lang gesuchte Beweis gefunden werden, daß die Ihmsen Familien in den USA und Deutschland miteinander verwandt sind! Eine kleine Nebenbemerkung bei einem Taufeintrag zeigte schließlich diese verzweifelt gesuchte Verbindung auf. Der Eintrag zur Taufe eines Johann Christian Carl Schmerz im Februar 1796 im Kirchenbuch von Barntrup in Lippe führte als Paten "Joh. Christi. Imse" und im Nachsatz die wichtige Nachricht "in Neubremen in America wohnhaft".

Dieser Johann Christian Carl war der erste Sohn einer Tochter Johann Christian Ihmsens, Johanna Wilhelmina Charlotte, die Christoph Ludwig Schmerz in Barntrup geheiratet hatte. Christian Carl Schmerz wanderte später mit seiner Familie nach Pittsburgh aus. Einer seiner Söhne wurde sehr erfolgreich in der dortigen Glasindustrie, ein anderer war erfolgreich in der Schuhindustrie.(1)

Johanna Wilhelmina Charlotte Ihmsen war seinerzeit (sehr wahrscheinlich) nicht mit ausgewandert. Sie war wohl bei der Familie auf der Emde untergekommen. Im Jahr 1794 ließ sie einen Sohn, Friedrich Rudolph Joachim LORENZ,  in Diestelbruch, Detmold taufen, wobei hinter diesem Namen "unehelich" vermerkt ist. Dieser Friedrich Lorenz wanderte auch in die USA aus, heiratete, seltsamerweise, eine Tochter des Charles Ihmsen in Pittsburgh und hatte 12 Kinder mit ihr. Er selbst wurde auch eine Größe in der Glas- und Stahlindustrie Pittsburghs und war auch als Bankier erfolgreich.(2)

Johann Christian Ihmsen war also, wie vermutet, nach dem Konkurs im Bodental aus dem Fürstbistum geflohen, wahrscheinlich über Lippe, und heimlich ausgewandert. Nach dem Bankrott Amelungs war er heimgekehrt, um an der Taufe  teilzunehmen. Sicher war es kein Zufall, daß die Taufe im evangelischen Lipper Land stattfand. Ins Fürstbistum Paderborn durfte Christian sich sicher nicht wagen, er wäre wohl immer noch wegen seiner Flucht und seiner Schulden festgenommen worden. Die Taufe ist aber sicher ein großes Familienfest gewesen, zu dem wohl die meisten Mitglieder der Familie Ihmsen gekommen waren. Ob Christian zusammen mit seiner Frau nach Deutschland gekommen war, ist unbekannt. Auch wissen wir (noch?) nicht, ob er in Deutschland geblieben ist und wo er verstorben und beerdigt ist. Falls er in Deutschland blieb, hat er sicher noch weiter gearbeitet, evtl. für die Fleckensteins in Schlangen, die Familie seiner Frau.

Über die Familie Ihmsen in Pittsburgh und ihren frühen Einfluß auf die Glasindustrie dort bis Ende 1800 konnten viele Informationen gefunden werden. Einiges davon kann bei Interesse auf folgender Internetseite nachgelesen werden:

             http://digital.library.pitt.edu/pittsburgh/

Im Jahr 2010 kamen 2 Artikel heraus, in denen, unabhängig voneinander, Lawrence Jessen und Sandra D. Palmer(3) in den USA und Karl-Heinz Poser(4) in Deutschland die Vermutung wagen, daß gewisse Verzierungen und Muster auf Gläsern, die in Amelungs Neu Bremer Glashütte geschnitten wurden, den Schluß nahe legen, daß sie von Christian Ihmsens geschnitten sein könnten.


Die folgenden Goebeler / Gabler Kinder wurden in Marylands Kirchenbüchern gefunden:

 - 1784 in Schwaney, Westfalia: Wilhelmine Gaebler und Johann Adam Kohlenberg.

Kinder:
 - 1. George Wilhelm Thomas, geb. 9. Apr 1801, Frederick, get. 2. Juni 1801
Paten: Wilhelm Emmesen (Ihmsen?), George Kramer
.
 - 2. Adam Christian, geb. 2.Dez. 1802, Frederick, get. 21. Jan. 1803.
Paten: Christian u. Friederika Gebeler, Elisabeth Imsen (Ihmsen?), Christina Brauern

 - 3. Mary Elisabeth, geb. 9. Feb. 1805, get. 16. Mai 1805
Paten: Mary Christ. Ebert, Carolina Stendly (Stender?)

 - 4. Eleonora Sophia, geb. 19. Juli 1809, get. 18. Aug. 1809
Paten: Raphael u. Eleanora Darnan.

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- 24. März 1788: Friderika Gaebler und Johann Fred. Wilhelm (Balheim) Bollheim
Zeugen: Fridr. Wilh. Gaebler, Henr. Appel. Brandt
Sie ist wahrscheinlich eine Tochter von Friedrich Wilhelm Gabeler, Christina Friderica Judith, geb. 1764.

Kinder:
 - 1. Friderike, geb. 5. Nov. 1799, Glashütte Neu Bremen, starb 25. Juli 1801.
Paten: Fridrich Wilhelm Gebler, Catharina Franks.

 - 2. Friedrich Wilhelm, geb. 9. Sep. 1802, Glashütte Neu Bremen, get. 21. Jan. 1803.
Paten: Wilyam Imsen (Ihmsen?), Sophia Geblern.

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- 11. Decz. 1798: Lotty Gabler und Henry Speelmann.
Sie ist wahrscheinlich eine Tochter von Friedrich Wilhelm Gabeler, Anna Charlotta, geb. 1777.

Kind:
 - Friedrich Thomas, geb. 21. Okt  1800, Glashütte Neu Bremen, get. 2. Juni 1801
Paten: Fridrich Gaebler, Fridrich Brauer.

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- ca. 1800: Anna Carolina Elisabeth Gabler und Thomas Stenly.
She probably is a daughter of Friedrich Wilhelm Gabeler, Anna Carolina Elisabeth, born 1771.

Kind:
 - 1. Catharina Wilhelmine, geb. 28. Okt 1801, Frederick, get. 11. Jan 1802.
Paten: Wilhelmie Kohlenberg, Friedrich Gäblen.
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- 23. Aug. 1803: Johannes Madera und Theresia Gebeler.
Sie ist wahrscheinlich eine Tochter von Friedrich Wilhelm Gabeler, Elisabeth Theresia, geb. 1784.

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- Aug 1804: Gottlieb Gebler und Susi Madera.
Er ist wahrscheinlich ein Sohn von Friedrich Wilhelm Gabeler, Gottlieb Anton, geb. 1779.

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 - ca. 1797: Johan Christian Gabler und Sophia Margarethe Kramer

Kinder:
 - Alexander, geb. 09. Okt. 1801, Frederick, get. 01. Jan. 1802.
Paten: Adam Kohlenberg, Fridrich Brauer, George Kramer, Elisabth Gebler.

- Johan Christian Jr., geb. 22. Mai 1804, Baltimore, get. 12. Aug. 1804 Baltimore.
Paten: Ludwig Reppert u. F. Steph. Fechpel [Faupel? possibly] und Christian Reppert.

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1. und 2. Informationen über die uneheliche Geburt des Lorenz, sowie Informationen über die Schmerz Familie erhielt ich zu meiner großen Freude 2011 per e-mail von William Schmertz in Columbus, Ohio. Dadurch gab er den Anstoß zu einer genaueren Recherche. Vielen Dank hierfür!

3. Sandra D. Palmer / Lawrence Jessen: Notes on our Search for the New Bremen Engraver, Glass Club Bulletin, No. 217 (Summer 2010)

4. Karl-Heinz Poser, Amelung-Glaeser, von Ihmsen geschnitten, Der Glasfreund, Heft 37, November 2010 

 


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Letzte Änderung: 28.11.2011 (©Hans Ihmsen)